Aktueller (offizieller) Stand der Wissenschaft

Der Bericht den ich hier vorstelle ist im Dezember 2024 im Ärzteblatt erschienen und ist gefühlt mein verspätetes Weihnachtsgeschenk. Es wird bestätigt was ich seit dem 12. August auf Facebook versuche meinen Mitmenschen zu vermitteln und auch was ich hier auf meiner Webseite versuche aufzuzeigen.
Der Artikel kann unter aerzteblatt.de/archiv/242242/Psilocybin-als-krankheitsmodifizierendes-Arzneimittel kostenlos gelesen werden.
Hier sind die Absätze mit einer kurzen Erklärung:

"Die Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen erfolgt in Deutschland in mehr als 400 psychiatrischen und 250 psychosomatischen Kliniken mit circa 55 000 beziehungsweise 11 000 Betten. Die jährliche Fallzahl liegt bei fast einer Million, sie hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt. In keiner anderen medizinischen Disziplin ist die Auslastung der Krankenhausbetten nur annähernd so hoch (etwa 95 %). Hinzu kommt ein enges Netz von ambulanten Therapieangeboten, das dennoch den Bedarf nicht deckt. Die Antidepressiva-Verordnungszahlen haben sich seit 1990 nicht nur in Deutschland mehr als verdoppelt, circa 5 Millionen Deutsche nehmen zu jedem Zeitpunkt ein Antidepressivum ein, und ein Plateau ist nicht erreicht. Dabei sind die Prävalenzen für Depressionen und andere psychische Erkrankungen unverändert hoch, und gerade in den letzten 15 Jahren scheinen sie sogar bedeutsam zugenommen zu haben."

  • Hohe Behandlungszahlen: Die Behandlung von psychisch Erkrankten erfolgt in über 400 psychiatrischen und 250 psychosomatischen Kliniken mit insgesamt ca. 66.000 Betten (55.000 in psychiatrischen und 11.000 in psychosomatischen Kliniken).
  • Steigende Fallzahlen: Die jährliche Fallzahl liegt bei fast einer Million und hat sich seit 1990 mehr als verdoppelt.
  • Sehr hohe Auslastung: Die Auslastung der Krankenhausbetten in der Psychiatrie und Psychosomatik liegt bei ca. 95%, höher als in jeder anderen medizinischen Disziplin.
  • Ergänzendes ambulantes Netz: Neben den Kliniken gibt es ein engmaschiges Netz von ambulanten Therapieangeboten.
  • Bedarf nicht gedeckt: Trotz des ausgebauten Netzes an Kliniken und ambulanten Angeboten wird der Bedarf an Behandlung nicht vollständig gedeckt.
  • Starker Anstieg von Antidepressiva-Verordnungen: Die Verordnungszahlen von Antidepressiva haben sich seit 1990 mehr als verdoppelt. Ca. 5 Millionen Deutsche nehmen dauerhaft Antidepressiva ein, und ein Ende des Anstiegs ist nicht in Sicht.
  • Hohe und steigende Prävalenz: Die Häufigkeit (Prävalenz) von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen ist unverändert hoch und scheint in den letzten 15 Jahren sogar noch zugenommen zu haben.

Zusammenfassend:

Die Nachfrage nach Behandlung psychischer Erkrankungen in Deutschland ist enorm und steigt weiter an. Das Gesundheitssystem stößt an seine Grenzen, um diesen Bedarf zu decken, trotz hoher Bettenauslastung und eines dichten Netzes ambulanter Angebote. Der starke Anstieg der Antidepressiva-Verordnungen und die gleichzeitig gleichbleibend hohe bzw. steigende Prävalenz psychischer Erkrankungen deuten darauf hin, dass die aktuellen Behandlungsansätze möglicherweise nicht ausreichen oder nicht alle Betroffenen erreichen.

"Gleichzeitig ist die Wirksamkeit der verfügbaren Antidepressiva allenfalls moderat. Unter naturalistischen Bedingungen sprechen weniger als 50 % der mit einem Selektiven Serotoninrückaufnahmehemmer (SSRI) behandelten Patientinnen und Patienten auf die Behandlung an, und nur 30 % erreichen eine Remission. Selbst wenn sich jedoch eine solche Remission auf den üblichen Ratingskalen abbildet, so spiegelt dies für viele Patientinnen und Patienten nicht einen Zustand von psychischer Gesundheit wider, in dem das Individuum ihre oder seine Fähigkeiten entwickeln, den Stress des Alltags bewältigen, produktiv arbeiten und einen Beitrag zu ihrer oder seiner Gemeinschaft leisten kann. Nach einer erfolglosen Depressionsbehandlung erreicht nur etwa ein Viertel der Patientinnen und Patienten nach Umstellung auf ein anderes Antidepressivum eine vollständige Remission. Selbst nach vier verschiedenen aufeinanderfolgenden Behandlungen erreichen nur zwei Drittel der Patientinnen und Patienten eine Remission, und die Rückfallraten sind hoch. Darüber hinaus erhalten viele Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen eine Langzeitbehandlung, obwohl diese ihre Symptome nur unzureichend kontrolliert und zu erheblichen Nebenwirkungen führt. Es gibt schließlich Hinweise, dass eine medikamentöse Behandlung zu einer Behandlungsresistenz führt, die sich bei 20–30 % der Patientinnen und Patienten im Behandlungsverlauf entwickelt. Auch kann der langfristige Krankheitsverlauf ungünstig beeinflusst werden; nach dem Absetzen eines Antidepressivums wird die Zeit bis zum Rezidiv gegenüber dem naturalistischen Krankheitsverlauf deutlich verkürzt. Nur eine oder einer von drei Patientinnen und Patienten schätzt den Nutzen eines Antidepressivums höher ein als die mit der Einnahme verbundenen Risiken und Nebenwirkungen."

  • Moderate Wirksamkeit von Antidepressiva: Die Wirksamkeit der verfügbaren Antidepressiva wird als "allenfalls moderat" beschrieben.
  • Niedrige Ansprech- und Remissionsraten bei SSRI:
    • Weniger als 50% der mit SSRI behandelten Patienten sprechen auf die Behandlung an (d.h. zeigen eine merkliche Verbesserung).
    • Nur 30% erreichen eine Remission (d.h. ein deutliches Nachlassen der Symptome).
  • Remission bedeutet nicht unbedingt psychische Gesundheit: Selbst wenn eine Remission auf den üblichen Skalen messbar ist, bedeutet dies für viele Patienten nicht, dass sie sich psychisch gesund fühlen und ihren Alltag bewältigen können. Es wird die Definition von psychischer Gesundheit der WHO herangezogen, die mehr umfasst als nur die Abwesenheit von Symptomen (Fähigkeiten entwickeln, Stress bewältigen, produktiv sein, Beitrag zur Gemeinschaft leisten).
  • Geringe Erfolgsrate bei Umstellung auf andere Antidepressiva: Nach einer erfolglosen Behandlung mit einem Antidepressivum erreicht nur etwa ein Viertel der Patienten durch die Umstellung auf ein anderes Medikament eine vollständige Remission.
  • Begrenzte Langzeitwirkung: Selbst nach vier verschiedenen aufeinanderfolgenden Behandlungen erreichen nur zwei Drittel der Patienten eine Remission.
  • Hohe Rückfallraten: Die Rückfallraten nach einer Behandlung mit Antidepressiva sind hoch.
  • Langzeitbehandlung mit unzureichender Wirkung und Nebenwirkungen: Viele Patienten erhalten eine Langzeitbehandlung, obwohl diese ihre Symptome nur unzureichend kontrolliert und erhebliche Nebenwirkungen verursacht.
  • Mögliche Entwicklung einer Behandlungsresistenz: Es gibt Hinweise, dass eine medikamentöse Behandlung bei 20-30% der Patienten im Laufe der Zeit zu einer Behandlungsresistenz führen kann.
  • Ungünstiger Langzeitverlauf: Langfristig kann der Krankheitsverlauf durch die medikamentöse Behandlung ungünstig beeinflusst werden. Nach dem Absetzen des Medikaments verkürzt sich die Zeit bis zu einem Rückfall im Vergleich zum natürlichen Krankheitsverlauf.
  • Nutzen-Risiko-Abwägung: Nur ein Drittel der Patienten schätzt den Nutzen eines Antidepressivums höher ein als die damit verbundenen Risiken und Nebenwirkungen.

Zusammenfassend bedeutet dies:

Antidepressiva, insbesondere SSRI, haben oft eine begrenzte Wirksamkeit. Viele Patienten sprechen nicht oder nur unzureichend auf die Behandlung an, und selbst eine messbare Remission bedeutet nicht immer eine wirkliche Verbesserung der Lebensqualität. Langfristig können die Medikamente sogar negative Auswirkungen haben und zu Behandlungsresistenz führen. Die hohe Zahl an Rückfällen und die Tatsache, dass nur ein Drittel der Patienten den Nutzen höher einschätzt als die Risiken, werfen ernste Fragen über den verbreiteten Einsatz von Antidepressiva auf.

"Alle verfügbaren Psychopharmaka müssen als symptomatische Therapien betrachtet werden. Ihr Einsatz folgt der Annahme, dass psychischen Erkrankungen spezifische molekulare Dysfunktionen zugrunde liegen und dass diese mit einer kontinuierlichen medikamentösen Therapie behandelt werden können (in Analogie zum Beispiel zum Typ-1-Diabetes). Psychische Erkrankungen gelten nach diesem Konzept als „Stoffwechselstörungen des Gehirns“. „Klassische“ Antidepressiva aber beseitigen nicht die Ursache der Störung oder modifizieren grundsätzlich den Krankheitsverlauf. Dabei wird die lange vertretene Serotonin- beziehungsweise Monoaminhypothese der Depression, die nach der Entwicklung der gängigen Antidepressiva von deren Wirkmechanismus abgeleitet wurde und als ihren ätiologischen Ursprung einen Serotoninmangel postulierte, heute zunehmend in Zweifel gezogen. In der Behandlung psychischer Erkrankungen fehlt es jedoch an krankheitsmodifizierenden pharmakologischen Ansätzen und einem salutogenetischen Gesamtkonzept. Krankheitsmodifikation impliziert dabei nicht nur die Behandlung der biologischen Ursachen einer Erkrankung, sondern auch die Reduktion der Mortalität sowie die langfristige Vermeidung von Hospitalisierungen. Salutogenese ist ein Konzept, das den Ursprung von Gesundheit erforscht und anstrebt, die Faktoren zu verstehen, die dazu beitragen, dass Menschen in der Gegenwart von Stressoren Resilienz entwickeln, die sie in die Lage versetzen gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden. Im Gegensatz zur Pathogenese, die sich mit der Entstehung von Krankheit befasst, betrachtet die Salutogenese die Quellen von Wohlbefinden und Gesundheit."

  • Symptomatische Behandlung: Alle verfügbaren Psychopharmaka werden als symptomatische Therapien betrachtet. Sie bekämpfen also die Symptome, nicht aber die zugrunde liegenden Ursachen der Erkrankung.
  • Annahme spezifischer molekularer Dysfunktionen: Der Einsatz von Psychopharmaka basiert auf der Annahme, dass psychischen Erkrankungen spezifische molekulare Dysfunktionen im Gehirn zugrunde liegen, die mit einer dauerhaften medikamentösen Therapie behandelt werden können - ähnlich wie bei Typ-1-Diabetes, wo der Körper kein Insulin produziert und dieses daher von außen zugeführt werden muss. Psychische Erkrankungen werden nach diesem Konzept als "Stoffwechselstörungen des Gehirns" verstanden.
  • Kritik an der Monoaminhypothese: Die lange vorherrschende Serotonin- bzw. Monoaminhypothese der Depression, die einen Serotoninmangel als Ursache der Depression postulierte, wird zunehmend in Zweifel gezogen. Diese Hypothese wurde rückwirkend aus dem Wirkmechanismus der gängigen Antidepressiva abgeleitet, anstatt auf der tatsächlichen Ursache der Depression zu basieren.
  • Fehlende krankheitsmodifizierende Ansätze: Es fehlt an pharmakologischen Ansätzen, die den Krankheitsverlauf modifizieren, also nicht nur die Symptome behandeln, sondern die Krankheit selbst beeinflussen.
  • Fehlendes salutogenetisches Gesamtkonzept: Es fehlt ein umfassendes Konzept, das auf die Salutogenese ausgerichtet ist.
  • Definition von Krankheitsmodifikation: Krankheitsmodifikation beinhaltet nicht nur die Behandlung der biologischen Ursachen, sondern auch die Reduktion der Sterblichkeit und die langfristige Vermeidung von Krankenhausaufenthalten.
  • Definition von Salutogenese: Salutogenese erforscht die Ursprünge von Gesundheit und zielt darauf ab, die Faktoren zu verstehen, die Menschen trotz Stressoren resilient machen und ihnen helfen, gesund zu bleiben oder zu werden.
  • Unterschied zwischen Salutogenese und Pathogenese: Während sich die Pathogenese mit der Entstehung von Krankheit befasst, konzentriert sich die Salutogenese auf die Quellen von Wohlbefinden und Gesundheit.

Zusammenfassend:

Der Text zeigt, dass die aktuelle medikamentöse Behandlung psychischer Erkrankungen sich zu sehr auf die Linderung von Symptomen konzentriert, anstatt die eigentlichen Ursachen anzugehen oder den Krankheitsverlauf nachhaltig zu beeinflussen. Die verbreitete Vorstellung, dass psychische Erkrankungen einfach durch einen chemischen Mangel im Gehirn verursacht werden, der mit Medikamenten ausgeglichen werden kann, wird in Frage gestellt.

Statt nur die Symptome einer Depression mit Medikamenten zu "überdecken" (wie ein Pflaster auf einer Wunde), sollte man sich fragen: Warum ist die Depression entstanden? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass jemand trotz schwieriger Umstände gesund bleibt? Und wie kann man diese Faktoren stärken, um die Krankheit zu überwinden und langfristig gesund zu bleiben?

Der Text fordert einen Paradigmenwechsel in der Behandlung psychischer Erkrankungen: weg von einer rein symptomorientierten, medikamentenbasierten Behandlung hin zu einem ganzheitlichen Ansatz, der die Ursachen der Erkrankung angeht, die Resilienz der Betroffenen stärkt und auf die Förderung von langfristigem Wohlbefinden und Gesundheit abzielt.

"Ausgerechnet klassische (oder serotonerge) Psychedelika könnten die Kriterien der Krankheitsmodifikation erfüllen. Bemerkenswert ist dies, weil deren Erforschung bereits vor mehr als siebzig Jahren begann und dann jahrzehntelang fast zum Stillstand kam, weil sie durch eine Regulierung mit Einordnung als „Schedule I Substances“ im Rahmen der UN Convention on Psychotropic Substances (Wien, 1971) als „Substanzen ohne evidenzbasierten medizinischen Nutzen“ deklariert wurden. Dementsprechend werden im deutschen Betäubungsmittelrecht Substanzen wie Psilocybin weiterhin als nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel geführt. Klassische Psychedelika, zu denen Tryptamine wie Psilocybin gehören, können tiefgreifende Veränderungen der Wahrnehmung, des emotionalen Erlebens und des Bewusstseins induzieren. Pharmakologisch verbindet sie ihre hohe Bindungsaffinität und (partial)-agonistische Wirkung am 5-HT2A-Serotoninrezeptor, die für die spezifischen psychedelischen Effekte wie zum Beispiel erhöhte Sinneswahrnehmung, Ich-Auflösung sowie intensivierte Emotionen, auch „psychedelische Erfahrung“ genannt, verantwortlich ist. Psilocybin (4-Phosphoryloxy-N,N-dimethyltryptamin) stellt den bedeutendsten psychoaktiven Wirkstoff in halluzinogenen Pilzen dar, insbesondere in jenen der Gattung der Kahlköpfe (Psilocybe), die weltweit in der Natur vorkommen. Natürliche psychedelische Substanzen werden von indigenen Kulturen seit mehreren Jahrtausenden in psychospirituellen und medizinischen Ritualen genutzt. Im Rahmen des Freizeitkonsums werden sie bis heute auch als Rauschmittel genutzt.

Klassische Psychedelika, dabei vor allem Psilocybin, werden aktuell zur Behandlung verschiedener psychiatrischer Erkrankungen mit teilweise vielversprechenden Ergebnissen untersucht. Auch wenn methodische Schwächen wie die fehlende effektive Verblindung sowie bisher noch moderate Fallzahlen die Aussagekraft der bisherigen Evidenz schmälern, könnte es sich um eine der aussichtsreichsten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Bereich der psychiatrischen Therapie handeln."

  • Psychedelika als krankheitsmodifizierende Therapie: Klassische (oder serotonerge) Psychedelika könnten die Kriterien der Krankheitsmodifikation erfüllen, d.h. sie könnten nicht nur Symptome lindern, sondern den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
  • Historischer Kontext und Regulierung: Die Erforschung von Psychedelika begann vor über 70 Jahren, kam aber durch die Einordnung als "Schedule I Substances" in der UN-Konvention über psychotrope Substanzen von 1971 als "Substanzen ohne evidenzbasierten medizinischen Nutzen" fast zum Erliegen. In Deutschland sind sie immer noch als nicht verkehrsfähige Betäubungsmittel gelistet.
  • Wirkmechanismus klassischer Psychedelika: Klassische Psychedelika, zu denen Tryptamine wie Psilocybin gehören, wirken vor allem durch ihre hohe Bindungsaffinität und (partial)-agonistische Wirkung am 5-HT2A-Serotoninrezeptor. Dies führt zu tiefgreifenden Veränderungen der Wahrnehmung, des emotionalen Erlebens und des Bewusstseins, auch bekannt als "psychedelische Erfahrung".
  • Psilocybin: Psilocybin ist der Hauptwirkstoff in halluzinogenen Pilzen der Gattung Psilocybe (Kahlköpfe) und wird seit Jahrtausenden von indigenen Kulturen in psychospirituellen und medizinischen Ritualen verwendet. Es wird auch als Rauschmittel konsumiert.
  • Aktuelle Forschung: Klassische Psychedelika, insbesondere Psilocybin, werden derzeit zur Behandlung verschiedener psychiatrischer Erkrankungen untersucht, mit teilweise vielversprechenden Ergebnissen.
  • Methodische Schwächen der Studien: Die bisherige Evidenz wird durch methodische Schwächen wie die fehlende effektive Verblindung und die noch moderaten Fallzahlen geschmälert.
  • Vielversprechende Entwicklung: Trotz der methodischen Schwächen könnte die Erforschung von Psychedelika eine der aussichtsreichsten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte im Bereich der psychiatrischen Therapie darstellen.

Zusammenfassend bedeutet das:

Der Text argumentiert, dass klassische Psychedelika, vor allem Psilocybin, das Potenzial haben, den Verlauf psychischer Erkrankungen grundlegend zu verändern, anstatt nur die Symptome zu behandeln. Obwohl die Forschung durch jahrzehntelange strenge Regulierung behindert wurde, zeigen aktuelle Studien vielversprechende Ergebnisse. Trotz methodischer Einschränkungen wird die Erforschung von Psychedelika eine bedeutende Weiterentwicklung in der Behandlung psychischer Erkrankungen darstellen.

In mehreren Indikationen wurde beobachtet, dass die Qualität und Intensität der akuten subjektiven Erfahrung unter Psychedelika mit dem Therapieansprechen assoziiert sind. Aufgrund ihrer Kontextsensitivität werden Psychedelika in aktuellen klinischen Studien immer in einem unterstützenden, psychotherapeutischen „Setting“ und unter therapeutischer Begleitung verabreicht. Inwieweit die psychotherapeutische Einbettung der medikamentösen Gabe und der regelhaft damit einhergehenden psychedelischen Erfahrung essenziell für deren Wirksamkeit ist, wird aktuell intensiv diskutiert. Ebenfalls unklar ist, welche Qualität der akuten Erfahrung förderlich ist und was die mittel- und langfristigen neurobiologischen Effekte der psychedelischen Erfahrung sind. Erste präklinische Daten zeigen, dass bei Mäusen nach Verabreichung von Psilocybin kritische Lernperioden, die zum Beispiel essenziell für die Entwicklung sozialer Kompetenzen sind, wieder geöffnet werden. Früh erlernte kognitive und emotionale Mechanismen können in diesem Sinne „neu erlernt“ werden. Es liegt nahe zu vermuten, dass beim Menschen nach der Einnahme in ähnlicher Weise ein therapeutisches Fenster geöffnet wird, in welchem analog zum Tier eine Art der Metaplastizität gefördert wird. Metaplastizität beschreibt, wie leicht oder schwer es für eine Synapse ist, neuroplastisch zu werden, abhängig von früheren Erfahrungen oder Aktivitäten. Beim Menschen gibt es zudem erste Hinweise, dass Psilocybin neurobiologisch grundlegend anders wirkt als SSRI. Zwar haben auch SSRI neuroplastische Effekte, diese scheinen präklinisch aber deutlich weniger ausgeprägt als jene, die nach Psilocybin zu beobachten sind. Auch wenn die ursächlichen Kernfaktoren der meisten psychischen Erkrankungen noch größtenteils unbekannt sind, könnte dies die neurobiologische Grundlage eines distinkten, transdiagnostischen Effekts von Psilocybin sein, der letztendlich zu Krankheitsmodifikation führt. Dabei ist einzuräumen, dass auch klassische Psychopharmaka (zum Beispiel Antidepressiva, Antipsychotika), wahrscheinlich basierend auf ihren vielfältigen pharmakologischen Wirkungen, transdiagnostische Wirkungen entfalten, also gleiche Krankheitsdimensionen bei unterschiedlichen Erkrankungen günstig beeinflussen. In dieser selektiven Literaturübersicht wird die Studienlage zu Psilocybin bei der Behandlung psychischer Erkrankungen dargestellt.

 

  • Zusammenhang zwischen akuter Erfahrung und Therapieerfolg: Die Qualität und Intensität der akuten subjektiven Erfahrung unter Psychedelika scheint mit dem Therapieansprechen bei verschiedenen Indikationen assoziiert zu sein.
  • Bedeutung des therapeutischen Settings: Aufgrund ihrer Kontextsensitivität werden Psychedelika in klinischen Studien immer in einem unterstützenden, psychotherapeutischen "Setting" und unter therapeutischer Begleitung verabreicht.
  • Diskussion um die Rolle der Psychotherapie: Es wird derzeit intensiv diskutiert, inwieweit die psychotherapeutische Einbettung der Medikamentengabe und die psychedelische Erfahrung essenziell für die Wirksamkeit sind.
  • Unklare Faktoren der akuten Erfahrung: Es ist noch unklar, welche Qualität der akuten Erfahrung besonders förderlich ist.
  • Unklare neurobiologische Langzeiteffekte: Die mittel- und langfristigen neurobiologischen Effekte der psychedelischen Erfahrung sind noch nicht vollständig verstanden.
  • Wiedereröffnung kritischer Lernperioden (bei Mäusen): Präklinische Daten zeigen, dass Psilocybin bei Mäusen kritische Lernperioden, die für die Entwicklung sozialer Kompetenzen wichtig sind, wieder öffnen kann. Früh erlernte kognitive und emotionale Mechanismen können dadurch "neu erlernt" werden.
  • Therapeutisches Fenster und Metaplastizität (beim Menschen): Es wird vermutet, dass Psilocybin beim Menschen ein ähnliches therapeutisches Fenster öffnet und eine Art der Metaplastizität fördert. Metaplastizität beschreibt die Fähigkeit von Synapsen, sich zu verändern, abhängig von früheren Erfahrungen.
  • Unterschiedliche neurobiologische Wirkung von Psilocybin und SSRI: Erste Hinweise deuten darauf hin, dass Psilocybin neurobiologisch grundlegend anders wirkt als SSRI. SSRI haben zwar auch neuroplastische Effekte, diese scheinen aber weniger ausgeprägt zu sein als die von Psilocybin.
  • Mögliche neurobiologische Grundlage für Krankheitsmodifikation: Die unterschiedliche neurobiologische Wirkung könnte die Grundlage für einen distinkten, transdiagnostischen Effekt von Psilocybin sein, der letztendlich zu Krankheitsmodifikation führt, auch wenn die Ursachen der meisten psychischen Erkrankungen noch unbekannt sind.
  • Transdiagnostische Wirkung auch bei klassischen Psychopharmaka: Es wird eingeräumt, dass auch klassische Psychopharmaka, wie Antidepressiva und Antipsychotika, wahrscheinlich aufgrund ihrer vielfältigen pharmakologischen Wirkungen, transdiagnostische Wirkungen haben, also gleiche Krankheitsdimensionen bei unterschiedlichen Erkrankungen positiv beeinflussen.
  • Ankündigung einer selektiven Literaturübersicht: Der Text kündigt an, dass im Folgenden die Studienlage zu Psilocybin bei der Behandlung psychischer Erkrankungen dargestellt wird.

Zusammenfassend:

Die Erfahrung, die jemand unter dem Einfluss von Psychedelika macht, scheint wichtig für den Therapieerfolg zu sein. Deshalb werden diese Substanzen in Studien immer in einem sicheren, therapeutischen Umfeld gegeben. Es ist noch unklar, welche Art von Erfahrung am hilfreichsten ist und wie Psychedelika langfristig im Gehirn wirken.

Studien mit Mäusen deuten darauf hin, dass Psilocybin bestimmte Lernfenster im Gehirn wieder öffnen kann, die für die Entwicklung sozialer Fähigkeiten wichtig sind. Ähnliches könnte auch beim Menschen passieren, was es ermöglichen könnte, alte Muster zu "verlernen" und neue, gesündere zu erlernen. Psilocybin scheint anders im Gehirn zu wirken als herkömmliche Antidepressiva und könnte dadurch möglicherweise den Krankheitsverlauf grundlegend verändern. Auch wenn herkömmliche Medikamente bei verschiedenen psychischen Erkrankungen helfen können, könnte Psilocybin eine einzigartige Wirkung haben, die es von anderen Medikamenten unterscheidet.
Es wird angekündigt, dass im weiteren Verlauf des Berichts die wissenschaftlichen Studien zu Psilocybin und seiner Wirkung auf psychische Erkrankungen vorgestellt werden.

Methodik

Im September 2024 erfolgte die Durchführung der Suche in den Datenbanken PubMed und ScienceDirect unter Verwendung der Schlüsselbegriffe („Psilocybin“) AND („Long Term Effects“) AND („Mental Disorders“). Bei der selektiven Auswahl der eingeschlossenen Studien wurde auf klinische, kontrollierte Studien fokussiert, um die Relevanz für die klinische Praxis zu gewährleisten. Die Ein- und Ausschlusskriterien sind im eKasten aufgeführt. Die Extraktion sowie Selektion der Daten erfolgte unabhängig voneinander durch zwei der Autorinnen und Autoren (MS und LM).

Um die Studienlage zu Psilocybin zu untersuchen, haben die Autoren im September 2024 in zwei großen Datenbanken nach wissenschaftlichen Studien gesucht. Sie haben sich dabei auf Studien konzentriert, die an Menschen durchgeführt wurden und in denen eine Gruppe Psilocybin bekam und eine andere Gruppe nicht, um die Ergebnisse vergleichen zu können. Welche Studien genau verwendet wurden, wurde anhand bestimmter Regeln entschieden, die man online nachlesen kann. Zwei Forscher haben unabhängig voneinander gearbeitet, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse korrekt sind.

Ergebnisse

Von den ursprünglich ermittelten 161 Artikeln wurden 12 Artikel nach der Überprüfung von Titel, Zusammenfassung und Volltext eingeschlossen (Tabelle 1). Die aktuell größte Evidenz liegt für Psilocybin in der Behandlung von unipolaren depressiven Störungen, inklusive therapieresistenter Depression (TRD), vor (Tabelle 1). Weitere Wirksamkeitshinweise fanden sich in randomisierten, placebokontrollierten Studien bei Substanzgebrauchsstörungen sowie Angsterkrankungen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen. Hier kam es gleichzeitig zu einer Besserung von depressiver Symptomatik und vice versa. Erste explorative offene Studien konnten auch bei anderen Indikationen signifikante Verbesserungen nach Psilocybin nachweisen (Tabelle 2).

Die Autoren haben 161 Studien gefunden, aber nur 12 davon waren gut genug, um in ihre Analyse aufgenommen zu werden. Die besten Beweise gibt es dafür, dass Psilocybin bei Depressionen hilft, vor allem, wenn andere Behandlungen nicht wirken. Es gibt auch Hinweise, dass es bei Suchterkrankungen und bei Angstzuständen von Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten helfen kann. Oft verbessert es dann gleichzeitig auch die Stimmung. Erste Studien deuten darauf hin, dass Psilocybin auch bei anderen psychischen Problemen helfen könnte.

"Psilocybin führte bereits nach ein oder zwei Einzelgaben zu einer langfristigen Verbesserung der Depression für mindestens sechs Wochen nach Beginn der Behandlung. In der bisher einzigen sechswöchigen Vergleichsstudie gegen ein klassisches Antidepressivum fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen einer zweimaligen Psilocybingabe und Escitalopram hinsichtlich der Verbesserung der depressiven Symptomatik. Dabei war die Psilocybintherapie der Behandlung mit Escitalopram in relevanten sekundären Outcomeparametern nach sechs Wochen überlegen. Dazu gehörten Maße zur Messung von Anhedonie, Wohlbefinden, psychischer Leistungsfähigkeit und Funktionalität. Auch in anderen Studien wurden signifikante positive Effekte von Psilocybin auf diese Krankheitsdimensionen gemessen.

Neben den Hinweisen auf eine schnell einsetzende antidepressive Wirkung zeigen – im Gegensatz zum Beispiel zu (Es-)ketamin, bei dem verschiedene Studien zunehmend darauf hindeuten, dass eine Erhaltungstherapie notwendig ist – auch die ersten Langzeitnachbeobachtungen nach der Behandlung mit Psilocybin anhaltende Effekte zum Teil viele Monate nach der Behandlung. Die drei Follow-up-Studien, die Effektstärken berichteten, wiesen zudem auf vergleichbare Effektstärken im Vergleich zur Primärstudie nach bis zu 54 Monaten hin (Tabelle 1).

Hieraus leiten wir folgende Hypothese ab:

Aufgrund des möglicherweise transdiagnostischen Wirkpotenzials, der in vielen Fällen langanhaltenden Wirksamkeit nach nur wenigen Einmalgaben ohne Notwendigkeit einer chronischen Medikation und der positiven Wirkung auf Parameter der psychischen Gesundheit und Funktionalität über die Psychopathologie hinaus, lässt sich vermuten, dass Psilocybin keinen störungsspezifischen und auf Symptomebene ansetzenden, sondern einen krankheitsmodifizierenden und salutogenetischen Wirkmechanismus hat."

  • Langfristige Hilfe bei Depressionen: Schon ein oder zwei Mal Psilocybin einzunehmen, kann Menschen mit Depressionen für mindestens sechs Wochen helfen.
  • Vergleich mit einem gängigen Antidepressivum (Escitalopram): In einer Studie hat man Psilocybin mit einem oft genutzten Antidepressivum (Escitalopram) verglichen. Beide Mittel haben die Depression in etwa gleich gut verbessert.
  • Psilocybin ist in manchen Punkten besser: Psilocybin war aber besser, wenn es darum ging, dass sich die Leute insgesamt wohler fühlten, ihren Alltag besser bewältigen konnten und ihre Denkfähigkeiten (wie Konzentration und Gedächtnis) sich verbesserten. Außerdem half es gegen die Freudlosigkeit (Anhedonie).
  • Schnelle Wirkung: Psilocybin scheint ziemlich schnell zu wirken.
  • Langfristige Wirkung, anders als bei (Es)Ketamin: Bei einem anderen Medikament, (Es)Ketamin, muss man oft eine Erhaltungstherapie machen, damit es weiter wirkt. Bei Psilocybin scheint das nicht so zu sein. Die Wirkung hält oft viele Monate an, auch wenn man es nur ein oder zwei Mal genommen hat.
  • Langzeit-Beobachtungen: Studien, die Leute über längere Zeit beobachtet haben, zeigen, dass die Wirkung von Psilocybin auch nach 54 Monaten noch da ist, und das in ähnlicher Stärke wie direkt nach der Behandlung.
  • Was die Autoren daraus schließen:
    • Hilft vielleicht bei verschiedenen Krankheiten: Psilocybin könnte nicht nur bei Depressionen, sondern auch bei anderen psychischen Erkrankungen helfen.
    • Wirkt lange, ohne dass man es ständig nehmen muss: Man muss es nicht dauerhaft einnehmen.
    • Verbessert mehr als nur die Symptome: Es hilft den Leuten, sich insgesamt besser zu fühlen und ihren Alltag besser zu meistern, nicht nur bei den direkten Krankheitszeichen.
    • Verändert die Krankheit zum Guten und fördert die Gesundheit: Psilocybin bekämpft nicht nur die Symptome, sondern scheint die Krankheit selbst positiv zu beeinflussen und fördert die Gesundheit auf eine grundlegende Weise (Salutogenese).

Kurz gesagt:

Psilocybin scheint eine vielversprechende neue Behandlung für Depressionen und möglicherweise andere psychische Erkrankungen zu sein. Es wirkt schnell, langanhaltend und verbessert die Lebensqualität der Betroffenen deutlich. Die Autoren glauben, dass Psilocybin die Krankheit selbst zum Positiven verändert und nicht nur die Symptome überdeckt.

Diskussion

"Im Rahmen unserer Hypothese diskutieren wir im Folgenden, welche Rolle Psychotherapie, Kontext und Risiken der Behandlung spielen.

Psychedelika werden in den meisten derzeit laufenden klinischen Studien eingebettet in einen psychotherapeutischen Rahmen verabreicht. Historisch basiert dies auf den Therapieansätzen der psycholytischen (mehrfache Substanzgaben von niedrigen bis moderaten Dosen mit psychotherapeutischen Interventionen unter Substanzeinfluss, eingebettet in eine langfristige, psychodynamisch orientierte Psychotherapie) und der psychedelischen Therapie (hohe bis sehr hohe Dosen in Einmalgabe oder einiger weniger Applikationen mit dem Ziel, eine „mystische“ oder „peak“ Erfahrung zu erreichen). In der Regel besteht diese Begleitung in modernen klinischen Studien aus einigen therapeutischen Sitzungen zur Vorbereitung auf die psychedelische Erfahrung, Begleitung während der akuten psychedelischen Erfahrung und der psychotherapeutischen Nachbereitung.

Psychotherapie kann allgemein definiert werden als bewusster und geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Verhaltensstörungen und Leidensstörungen mit psychologischen Mitteln in Richtung eines definierten Ziels mit wissenschaftlich evaluierten Techniken. Psychotherapie induziert und begleitet einen Veränderungs- und Lernprozess, um bestehendes psychisches Leiden langfristig zu lindern. Entsprechend könnte man Psychotherapie auch ohne Substanzen krankheitsmodifizierende Qualitäten zusprechen, was auch durch die in einigen Indikationen nachhaltigere Wirksamkeit von Psychotherapie im Vergleich zur Pharmakotherapie unterstrichen wird.

Auch eine Pharmakotherapie wird immer in einem psychosozialen Kontext durchgeführt und in vielen Fällen gehört dazu eine psychotherapeutische Einbettung. Nach dem „Modell der ungerichteten Anfälligkeit für Veränderungen“ beeinflussen Antidepressiva, insbesondere serotonerge Antidepressiva, nicht per se die Stimmung. Vielmehr machen sie das Individuum durch die Erhöhung der neuronalen Plastizität sensitiver für den Einfluss der Umwelt. Dieses Modell legt nahe, dass eine Steigerung der serotonergen Neurotransmission nicht nur die Wahrscheinlichkeit einer Genesung von einer Depression erhöhen kann, sondern – in widrigen Umgebungen – auch das Risiko für die Entwicklung einer Psychopathologie erhöht. Die bidirektional erhöhte Kontextsensitivität gilt wahrscheinlich in besonderem Maße für die Therapie mit Psychedelika. Im Vergleich zur regulären Kombinationstherapie scheinen hier die biologischen Substanzeffekte psychotherapeutische und psychologische Wirkmechanismen zu ermöglichen und zu verstärken. Biologische Effekte sind neben der Erhöhung der Neuroplastizität insbesondere die akute Verminderung der thalamischen Filterfunktion und eine erhöhte Konnektivität von sonst funktionell separierten Hirnarealen sowie eine Reduktion der Aktivität des sogenannten „Ruhenetzwerks“ (Default-Mode-Network, DMN), von dem man vermutet, dass es bei Depressionen im Sinne von ständigem selbstbezogenen, dysfunktionalen Gedankenkreisen und Ruminieren überaktiv ist. Psychologische Wirkmechanismen von Psychedelika sind zum Beispiel die Konfrontation mit biographischen Erlebnissen im Sinne einer Exposition, Erhöhung der psychologischen Flexibilität, ein verbesserter Zugriff auf Emotionen hin zu emotionalen Durchbruchserfahrungen (zum Beispiel dem Auflösen eines emotionalen Konflikts) oder das Einnehmen einer wohlwollenden und akzeptierenden Haltung gegenüber dem eigenen Selbst. Biologie und Psychologie wirken also bei der Therapie mit Psychedelika vermutlich untrennbar und synergistisch zusammen, um korrigierende Lernerfahrungen zu ermöglichen.

Im Rahmen dieser vermutlich erhöhten Plastizität erklärt sich auch, warum Psychedelika wie Psilocybin unzweifelhaft auch mit Risiken verbunden sind. Somatisch sind serotonerge Psychedelika insgesamt gut verträglich. Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen oder Blutdruckanstieg sind meistens moderat, transient und benötigen keine Intervention. Psychotische Störungen können durch Psychedelika induziert werden, in den selektierten Studien sind sie jedoch nicht aufgetreten. Rezente Zwillingsstudien deuten darauf hin, dass das Risiko bisher überschätzt wurde. Besorgniserregendere und noch schlecht untersuchte Komplikationen sind vor allem die nicht häufigen, aber möglicherweise langfristigen, psychologischen Veränderungen wie Derealisationssyndrome oder die „Hallucinogen Persistent Perception Disorder“ (HPPD), die mit persistierenden Veränderungen der Wahrnehmung einhergehen. Es muss noch untersucht werden, wann im Krankheitsverlauf die Behandlung mit Psilocybin nützlich und wann sie riskant ist. Weitere Fragen, die durch die aktuelle Datenlage noch nicht ausreichend beantwortet werden können, sind unter anderem, welche Patientinnen und Patienten von der Behandlung profitieren, ob eine mehrfache Gabe Vorteile gegenüber einer Einmalgabe bietet und welchen Einfluss Psilocybin auf Suizidalität hat."

  • Psychotherapeutischer Rahmen: In den meisten aktuellen Studien werden Psychedelika in einem psychotherapeutischen Rahmen verabreicht, basierend auf den Ansätzen der psycholytischen und der psychedelischen Therapie.
    • Psycholytische Therapie: Mehrfache, niedrige bis moderate Dosen, eingebettet in eine psychodynamische Langzeittherapie.
    • Psychedelische Therapie: Einmalige oder wenige hohe Dosen, um eine "mystische" Erfahrung zu erreichen.
    • Moderne klinische Studien: Meistens einige Sitzungen zur Vorbereitung, Begleitung während der Erfahrung und Nachbereitung.
  • Definition von Psychotherapie: Bewusster, geplanter interaktioneller Prozess zur Beeinflussung von Störungen mit psychologischen Mitteln, um ein definiertes Ziel mit wissenschaftlich evaluierten Techniken zu erreichen.
  • Psychotherapie als Lernprozess: Psychotherapie induziert einen Lernprozess zur langfristigen Linderung von psychischem Leiden und könnte daher auch ohne Substanzen krankheitsmodifizierende Qualitäten haben.
  • Pharmakotherapie im psychosozialen Kontext: Auch eine medikamentöse Behandlung findet immer in einem psychosozialen Kontext statt und beinhaltet oft psychotherapeutische Elemente.
  • Modell der ungerichteten Anfälligkeit für Veränderungen: Antidepressiva beeinflussen die Stimmung nicht direkt, sondern machen das Individuum durch erhöhte neuronale Plastizität empfänglicher für Umwelteinflüsse.
    • Erhöhte Kontextsensitivität: Dies kann sowohl Genesung fördern als auch das Risiko für Psychopathologie erhöhen, abhängig von der Umgebung.
  • Erhöhte Kontextsensitivität bei Psychedelika: Die bidirektional erhöhte Kontextsensitivität gilt wahrscheinlich in besonderem Maße für die Therapie mit Psychedelika.
  • Synergie von biologischen und psychologischen Effekten: Biologische Effekte von Psychedelika (erhöhte Neuroplastizität, veränderte thalamische Filterfunktion, erhöhte Konnektivität, reduzierte DMN-Aktivität) ermöglichen und verstärken psychotherapeutische und psychologische Wirkmechanismen.
  • Psychologische Wirkmechanismen: Konfrontation mit biographischen Erlebnissen, erhöhte psychologische Flexibilität, verbesserter Zugang zu Emotionen, emotionale Durchbruchserfahrungen, wohlwollende Haltung gegenüber dem Selbst.
  • Untrennbare und synergistische Wirkung: Biologie und Psychologie wirken bei der Psychedelika-Therapie untrennbar und synergistisch zusammen, um korrigierende Lernerfahrungen zu ermöglichen.
  • Risiken durch erhöhte Plastizität: Die erhöhte Plastizität birgt auch Risiken.
  • Somatische Verträglichkeit: Serotonerge Psychedelika sind somatisch gut verträglich, Nebenwirkungen meist moderat und vorübergehend.
  • Psychotische Störungen: Können induziert werden, traten aber in den selektierten Studien nicht auf. Das Risiko wurde wahrscheinlich überschätzt.
  • Besorgniserregende Komplikationen: Derealisation, HPPD (persistierende Wahrnehmungsveränderungen) sind selten, aber schlecht untersucht.

Wenn man Psychedelika nimmt, ist es wichtig, dass das im Rahmen einer Psychotherapie passiert. Die Therapie hilft, psychische Probleme zu bewältigen, indem man neue Dinge lernt und anders mit seinen Gefühlen umgeht. Auch bei normalen Antidepressiva spielt die Umgebung, in der man sie nimmt, eine wichtige Rolle. Bei Psychedelika ist die Umgebung aber wahrscheinlich noch wichtiger. Die Veränderungen, die Psychedelika im Gehirn auslösen, machen die Psychotherapie wirksamer, und die Therapie hilft, die Erfahrungen mit den Psychedelika besser zu verarbeiten.

Das Ganze hat aber auch Risiken. Körperliche Nebenwirkungen sind meistens nicht so schlimm. Aber es kann seltene Nebenwirkungen geben, bei denen man die Welt um sich herum anders wahrnimmt, und das kann länger anhalten. Es gibt noch viel, was wir nicht wissen, zum Beispiel, wann Psilocybin gut hilft und wann es eher schädlich ist, und wer am meisten davon hat.

Dieser Abschnitt betont die Bedeutung des psychotherapeutischen Kontexts bei der Behandlung mit Psychedelika und hebt die synergistischen Effekte von biologischen und psychologischen Wirkmechanismen hervor. Gleichzeitig werden aber auch die Risiken und die vielen noch offenen Fragen thematisiert.

Schlussfolgerung

Es gibt eine vielversprechende Evidenz für die Wirksamkeit von Psilocybin in der Behandlung verschiedener psychischer Erkrankungen. Die meiste Evidenz liegt in der Behandlung von depressiven Störungen vor. Die potenziell transdiagnostische, schnelle und nachhaltige Wirksamkeit sowie die positive Wirkung auf Dimensionen der psychischen Gesundheit über die Symptomebene oder Psychopathologie hinaus lassen krankheitsmodifizierende und salutogenetische Wirkmechanismen vermuten. Psilocybin, vor allem in Kombination mit Psychotherapie, könnte eine an Ursachen (psychologisch und biologisch) ansetzende Behandlung sein und aus diesem Grund nachhaltiger und tatsächlich kurativ wirken. Diese Hypothese wird in größeren Kohorten in langfristig angelegten Studien überprüft werden müssen (zum Beispiel durch Messung eines langfristigen Einflusses auf Mortalität und Hospitalisierungen). Das Konzept der Krankheitsmodifikation sollte nicht zu dem Schluss führen, dass Psilocybin für alle Patientinnen und Patienten hilfreich sein wird. Zudem wird es für einige Erkrankungen (zum Beispiel psychotische Störungen) vermutlich auch kontraindiziert sein.

Die psychedelika-gestützte Psychotherapie könnte traditionelle psychiatrische Versorgungsstrukturen durchdringen, um sie zu transformieren. In einem Behandlungsmodell, das dem Konzept einer pharmakologisch erweiterten Salutogenese folgt, ist ein zentrales Ziel der Abschied von einer medikamentösen Dauerbehandlung von Krankheiten (mit dem Ziel der Vermeidung von Rezidiven) hin zu einem Fokus auf der Bildung und Förderung von Gesundheitsressourcen und Resilienz.

  • Vielversprechende Evidenz: Es gibt vielversprechende Belege für die Wirksamkeit von Psilocybin bei verschiedenen psychischen Erkrankungen, insbesondere bei Depressionen.
  • Potenziell transdiagnostisch, schnell und nachhaltig: Die Wirkung von Psilocybin ist möglicherweise transdiagnostisch (wirksam bei verschiedenen Erkrankungen), tritt schnell ein und hält lange an.
  • Positive Wirkung auf psychische Gesundheit: Psilocybin verbessert nicht nur Symptome, sondern auch andere Dimensionen der psychischen Gesundheit.
  • Krankheitsmodifizierender und salutogenetischer Wirkmechanismus: Aufgrund dieser Beobachtungen wird ein krankheitsmodifizierender und salutogenetischer Wirkmechanismus vermutet (siehe Erklärung unten).
  • Mögliche ursächliche Behandlung: Psilocybin, insbesondere in Kombination mit Psychotherapie, könnte an den Ursachen (psychologisch und biologisch) ansetzen und daher nachhaltiger und tatsächlich kurativ wirken.
  • Überprüfung der Hypothese: Diese Hypothese muss in größeren, langfristigen Studien überprüft werden, z.B. durch Messung des Einflusses auf Sterblichkeit und Krankenhausaufenthalte.
  • Nicht für alle hilfreich: Psilocybin wird nicht für alle Patienten hilfreich und bei manchen Erkrankungen (z.B. Psychosen) vermutlich sogar schädlich sein.
  • Transformation psychiatrischer Versorgungsstrukturen: Die psychedelika-gestützte Psychotherapie könnte die traditionellen psychiatrischen Versorgungsstrukturen grundlegend verändern.
  • Pharmakologisch erweiterte Salutogenese: Ein Behandlungsmodell, das auf eine "pharmakologisch erweiterte Salutogenese" abzielt, strebt einen Wechsel an:
    • Weg von: medikamentöser Dauerbehandlung zur Vermeidung von Rückfällen.
    • Hin zu: Förderung von Gesundheitsressourcen und Resilienz.

Erklärung der Schlüsselbegriffe:

  • Krankheitsmodifizierend: Bedeutet, dass die Behandlung den Verlauf der Krankheit selbst positiv beeinflusst und nicht nur die Symptome lindert.
  • Salutogenetisch: Bedeutet, dass die Behandlung die Gesundheit und die Fähigkeit, gesund zu bleiben oder zu werden, fördert (im Gegensatz zur Pathogenese, die sich auf die Entstehung von Krankheiten konzentriert).
  • Transdiagnostisch: Bedeutet, dass die Behandlung bei verschiedenen psychischen Erkrankungen wirksam sein könnte.

Psilocybin scheint bei vielen psychischen Problemen zu helfen, besonders bei Depressionen. Es lindert nicht nur die Beschwerden, sondern packt das Problem an der Wurzel und hilft den Leuten, gesund zu werden und zu bleiben. Wahrscheinlich kann es das besser als bisherige Behandlungen. Das muss aber noch genauer untersucht werden. Psilocybin ist nicht für jeden geeignet und kann manchen sogar schaden. Die Behandlung mit Psychedelika und Psychotherapie könnte die Psychiatrie grundlegend verändern. Statt dauerhaft Medikamente zu geben, will man die Leute stark und widerstandsfähig machen, damit sie gesund bleiben.